Ich habe ehrlich gesagt ein paar Tage gebraucht, um diesen Post schreiben zu können ohne wie die Proletin, die in mir steckt zu fluchen oder gewisse Menschen hier öffentlich zu beleidigen. Ich werde aber auch nicht lügen und behaupten, dass es mich nicht wie wild in den Fingerspitzen juckt. Schließlich wurde vor ein paar Tagen noch meine Beziehung zu Mr.Clear in Frage gestellt und das aus einem ganz bestimmten Grund: Unserer Hautfarbe.

Nun, für alle die es nicht wissen: Mr.Clear ist weiß. Im Moment sogar schneeweiß mit blauen Augen, die so blau sind, dass Fotos mit Blitz nicht möglich sind ohne, dass das Endergebnis an ein rotäugiges Alien erinnert. Ich bin das genaue Gegenteil: Ich bin schwarz, klein, kurvig und habe prinzipiell viele Haare am Kopf. Dennoch dachte ich bis jetzt immer, dass wir trotzdem ganz gut zusammen passen. Hat übrigens ein halbes Leben gedauert bis ich das gecheckt habe, aber das ist eine andere Sache.

Anscheinend gibt es da draußen Menschen, die das anders sehen als wir. Unsichere, von Komplexen geplagte Menschen, die zu viel Zeit zum Nachdenken haben. Unter normalen Umständen würde ich drüber stehen, einen feuchten Dreck auf die Meinung solcher Menschen geben. Normalerweise.

Wenn man es aber schafft mit ignoranten Kommentaren wie „Warum hast du dir nicht einen schwarzen Bruder ausgesucht?“ , „Wie willst du das deiner Familie in Afrika erklären?“ „Die armen Kinder“ oder „Was machst du, wenn du mal zurück nach Afrika gehst?“ (Immer noch born and raised in Vienna …btw) meinen Freund, meine Familie, mich und unser aller Intelligenz zu beleidigen, brennen bei mir alle Sicherungen durch.

Eventuell habe ich an diesem Tag meine Contenance verloren, eventuell bin ich laut geworden und eeeeventuell musste ich den Raum verlassen, weil ich mit so viel Schwachsinn aus dem Mund einer Person, die es besser wissen sollte, einfach nicht umgehen konnte.

Eine gute Sache hatte diese Auseinander dann doch: Sie hat mich zu diesem Blogpost inspiriert und mich daran erinnert, dass „interkulturelle Beziehungen“ noch Fragen aufwerfen. Obwohl wir uns im Jahr 2016 befinden. No worries, ich beantworte sie gerne. Here we go:

 

 

  1. Der Fetisch

    Wo soll ich hier überhaupt anfangen?! Ach, was! Ich sag’s einfach gerade heraus: „Unsere Beziehung ist kein Fetisch!“. Unsere Herkunft definiert nicht unser Sexleben – for fucks sake!
    Ich frage mich ja immer, was die Menschen sich erwarten, wenn sie mich fragen, ob Sex mit einem schwarzen Mann anders ist als mit einem weißen. Oder ob sie wirklich glauben, dass Mr.Clear fragen zu meiner Anatomie jenseits meiner Gürtellinie beantwortet. Was machen die Menschen überhaupt mit dieser Info? Was?!
    People need to get their life and take several seats, please….

 


 

 

  1. Der Komplex

    Ich sage es hier noch einmal und nie wieder. Ich habe keinen Komplex – zumindest, was meine Hautfarbe und meine Wurzeln angeht. Ganz im Gegenteil, ich bin sehr gefestigt in meinem Dasein als schwarze Frau. Dafür haben meine Eltern gesorgt. Ich liebe, liebe, liebe meine nigerianischen Wurzeln. So wie ich die Österreicherin in mir liebe. Dass der Mann mit dem ich zusammen bin, weiß ist, ist reiner Zufall. Mein Herz hat mich nach laaaaangen Umwegen eben zu ihm geführt.
    Mein Level an Respekt für schwarze Männer, die in der westlichen Welt noch nicht komplett durchgedreht sind, ist nach wie vor immens hoch. Aber das heißt nicht, dass ich deswegen gleich mit einem zusammen gehen muss.
    Beziehungen in denen beide aus dem selben kulturellen Hintergrund kommen, zerbrechen nämlich auch. Ob das wohl daran liegt, dass der Mensch nicht nur an Hand seiner Hautfarbe und Herkunft definiert werden kann? Hmmmmm…

 

 

 

  1. Der Flash

    Ich bin in Wien Donaustadt im Gemeindebau aufgewachsen. Ich kann also besser mit Ur-Österreichern umgehen als so manch Österreicher. Berührungsängste kenne ich nur, wenn man komisch riecht. Aussehen, Steuerklassen, Sprachbarrieren und was es sonst so noch da draußen gibt, beeindrucken mich genau so wenig wie sie mich abschrecken.
    Mr. Clear kommt aus Wien Favoriten – ebenfalls Gemeindebau. He’s seen it all.
    Weihnachten mit meiner Familie war zwar ein Kulturclash vom Feinsten für ihn,aber nichts, was ihn abschrecken konnte.
    Ich habe noch nie jemanden gesehen, der sich so furchtlos durch das gesamte nigerianische Buffet gefressen hat, wie Mr.Clear. Wenn er könnte würde der stundenlang mit den Bettlern, Drogendealern und Obdachlosen dieser Stadt reden, um zu verstehen, was dieser Mensch durchmacht. Berührungsängste? Kennt dieser Mann nicht. Die wurden ihm im 10.Wiener Gemeindebezirk abgewöhnt.

    Dass ich Teil einer großen Familie bin, in der alle gleichzeitig reden, lachen, weinen und schreien, um sich Gehör zu verschaffen, war ihm klar. Alles andere wurde ihm erklärt – auch, wenn er nicht gefragt hat. Meine Mutter, meine Cousine und meine Tante haben dafür gesorgt, bevor ich überhaupt meine Schuhe ausgezogen hatte. Der Mangel an Diskretion in unserer Familie ist zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig.
    Anders als bei seiner Familie. Dort hält man sich zurück und gewährt dem Einzelnen seine Privatsphäre. Das ist für mich absolutes Neuland. Genau so wie die Stille und die Ordnung. Der Kulturschock ist genau so groß, wie er geil ist. Man muss nur offen für Neues sein. It’s literally the best of both worlds.

 

 

 

  1. Das Baby

    Unter uns: Ich kann es auf den Tod nicht leiden, wenn jemand sagt: „Oh Gott, eure Kinder werden sicher mal sooooo süß!“ Ja, ja, ja. Das ist nur lieb gemeint und so, aber in Wahrheit ist es nur frech. Macht es einfach hinter unserem Rücken bitte. Was da passiert geht mich nämlich nichts an.
    Besonders schlimm wird es, wenn sich jemand ausmalt, wie unser „zukünftiges Baby“ Mr.Clears Augen und meine Haare haben wird. Eventuell seine langen Beine und meine Hautfarbe in Kombination mit seinem Humor und meiner Wortgewandtheit. Jap, been there, done that, hated it. That shit’s creepy und so nicht cool,

    In Wahrheit spielt man hier nämlich russisches Roulette um ein Fettnäpfchen herum. Niemand außer uns selbst kann wissen, ob wir jemals über Kinder gesprochen haben, ob wir beide Kinder wollen, ob wir uns gerade deshalb gestritten haben, ob ich gerade schwanger bin (bin ich nicht, beruhigt euch!) oder ob ich überhaupt welche bekommen kann. It is none of your business until I make it your business.

 

 

 

  1. The Struggle …

    … is so real. Bevor Mr. Clear und ich zusammen gekommen sind, war Diskriminierung nur etwas, das er vom Hörensagen kannte. Er wusste nicht wie sich das anfühlt. Wie denn auch. Er ist ein hellhäutiger, heterosexueller, großgewachsener Mann in der westlichen Welt. Er wird es nie zu 100% nachvollziehen können, der Glückliche.

    Das bedeutet, aber nicht, dass er nicht darunter leidet. Wenn ich mich mal wieder mit rassistischen Arschkindern und ignoranten Dummköpfen auseinander setzen muss, packt er es mittlerweile weniger als ich. Er leidet mit mir mit.
    Als wir letztens wieder einmal so eine Situation hatten, habe ich ihm genau angesehen, wie es ihm wehgetan hat – stellvertretend für mich. Ihm fehlen nun einmal drei Jahrzehnte Erfahrung auf diesem Gebiet, mir nicht.
    In einer Beziehung in der die Partner aus unterschiedlichen Backgrounds kommen, wird es immer Situationen geben, die der eine nicht zu 100% nachvollziehen kann.

    Solltet ihr also zu den Menschen gehören, die urteilen, ungefragt ihren Senf dazu geben, starren, mit dem Finger zeigen, flüstern, oder gleich laut kommentieren, solltet ihr wissen, dass das Pärchen es mitbekommen hat und sich wahrscheinlich nur dafür entschieden hat, drüber zu stehen. You lucky bastard, you.

 

 

Letztendlich wollen die beiden, die zufällig unterschiedlich aussehen, nichts anderes als das natürlichste der Welt: Lieben.

 

 

 

Mr.Clear (@kaiser_markus) und ich (@christlclear) sind übrigens beide auf Snapchat und gewähren gerne mal Einblick in unsere Beziehung.