Das Leben eines Veganers ist sicher kein Spaziergang. Nicht etwa, weil es so schwer ist etwas essbares zu finden, sondern weil man trotz Hipster-Vegan-Hypes immer noch schräg von der Seite angeschaut wird und die eine oder andere dummer Frage beantworten muss, wenn man sich dazu outet, dass man ein Leben ohne Tierprodukte führt.

Ich nehme mich da nicht raus und gebe offen und ehrlich zu, dass ich meine wenigen veganen Freunde wahrscheinlich auch schon mit nervigen Fragen gelöchert habe. Deswegen stelle ich euch heute meine Freundin Dani vor. Sie ist ein ganz normales Mädl, das vegan lebt. Außerdem betreibt sie einen vegangen Beautyblog namens „Once Upon A Cream“, der euch als Fleischfresser ausnahmsweise mal nicht auf die Nerven gehen wird.

Sie ist auch die Person, die euch heute all Fragen beantworten wird, die euch schon immer im Bezug auf Veganismus auf der Zunge gelegen sind. Eventuell ist die eine oder andere auch auf meinen Mist gewachsen…

 

Dani

 

 

1. Ist es nicht total schwer etwas Essbares zu finden?

 

Ich bin seit mittlerweile 3 Jahren Veganerin und ich würde sagen: Ich lebe noch! Ich esse mehrmals täglich und dann nicht nur Körner und Steine. Ich will euch nichts vormachen, natürlich ist man anfangs mit viel Informationssuche beschäftigt. Woher bekomme ich Schokolade, ist mein weißer Spritzer noch vegan und wo kann ich Sonntags brunchen gehen? Jetzt kommt die riesengroße Hürde zur veganen Informationsbeschaffung – man tippe es bei Google ein!

Auf alle Fragen hat Google rund 700 Millionen Antworten parat. Und lasst euch sagen – Wien ist mittlerweile ein absolutes Vegan-Paradies. Es gibt vegane Supermärkte, ein veganes Eisgeschäft, veganen Lieferservice, vegane Cafés und in so vielen Restaurants vegane Optionen auf der Speisekarte, dass man langsam den Überblick verliert.

Die Chancen, dass ich verhungere liegen als bei 0!

 

 

2. Lässt du dir Achselhaare wachsen, duscht nicht und tanzt mit Häschen im Kreis?

 

Ooookay, diese Frage hat mir zwar noch nie jemand gestellt, aber nach meinem „veganen Outing“ konnte ich so manchem Gesichtsausdruck entnehmen: „Ok, jetzt wird sie komplett irre, fährt mit Batikshirt ins Hippiecamp und öffnet ihr Sonnengeflecht!“
Ich kann die anfängliche Skepsis sogar nachvollziehen, ich hatte sie schließlich auch. Aber das Leben ist voller Überraschungen. Denn auch vegane Menschen kommen in allen Farben und Formen. Es gibt dicke und dünne, große und kleine, kluge und vertrottelte, durchgestylte und die Ökofraktion.

Ich liebe jedenfalls nach wie vor glattrasierte Achseln, Deo und tanze höchstens mit meinen Katzen zu Elvis Presley durch die Küche. Das ist doch normal, oder?!

 

 

3. Warum muss vegane Wurst eigentlich Wurst heißen und auch so aussehen?

 

 

Ihr werdet es nicht glauben, aber Käpt’n Iglo holt die Fischstäbchen nicht bereits paniert und in mundgerechten Happen aus der Nordsee. Auch die Purzelwurst hatte einmal vier Beine und ein anderes Gesicht. Etwas in Wurstform zu bringen hat somit wohl eher praktische Gründe als, dass die Wurstproduzenten darauf ein Patent haben.

Man könnte also auch fragen, wenn jemand schon ein Tier essen möchte warum sieht es dann nicht mehr so aus wie eines? Produkte wie Seitanschnitzel, Sojavurst oder veganen Käse zu probieren kann vor allem für Ein- und Umsteiger praktisch sein, da sich so ein gewohntes Gericht leicht veganisieren lässt. Ihr müsst wissen: Nicht alle verzichten auf Fleisch, weil es ihnen nicht schmeckt, sondern viele weil sie die grausigen Nebengeräusche nicht mehr verantworten wollen.

 

 

4. Woher bekommst du deine Proteine?

 

Wie alles andere auch – aus Pflanzen! Wer so wie ich kein Hochleistungssportler ist, sondern die meiste Zeit buckelig sitzend am Bürotisch verbringt, verbraucht maximal eine handtellergroße Portion Protein pro Mahlzeit. Der durchschnittliche Westeuropäer nimmt ohnehin viel zu viel Eiweiß zu sich, das im Fall von tierischem Protein nur so von schlechtem Cholesterin und Fett strotzt. Nö, Danke! Da  bleibe ich lieber bei Eiweiß aus Hülsenfrüchten (z. B. Kichererbsen, Linsen, Bohnen, Erbsen, Sojabohnen), Getreide (z.B. Quinoa, Amaranth, Haferflocken), Nüssen & Samen (z. B. Mandeln, Walnüsse, Sesam, Leinsamen, Chia-Samen) oder auch aus Tofu, Seitan oder Tempeh.

 

 

5. Hast du keine Mangelerscheinungen?

 

Nein, hab ich nicht. Ich versuche ausgewogen alles zu essen, was bei drei noch auf dem Baum ist und lasse einmal pro Jahr mein Blut checken. Mein Arzt meinte ich soll mir den Blutbefund einrahmen und aufhängen, der hängt also jetzt über meinem Bett…nicht. Aber er könnte!
Veganer leben allerdings nicht automatisch gesünder. Wer sich von Schokolade, Bier und Pommes ernährt kann vegan sein, aber hat wahrscheinlich ein Blutbild, dass keinen Rahmen verdient hat. Wer von allem ein bisschen isst, hat gute Chancen auf ein gesundes und genussvolles Leben.

 

 

6. Oh Gott! Kannst du kein Eis und keine Schokolade essen oder?

 

Ich wünschte es wäre so! Komischerweise wollen immer alle wissen, ob ich Mangelerscheinungen habe! Dabei finde ich folgende Frage viel wichtige: WAS NASCHT MAN ALS VEGANER?
Da gibt es leiderviel, wenn der Tag lang ist: vegane Gummibärchen, Mannerschnitten, Ice Cream Sandwiches, Marzipanschokolade, Maroniherzen, Bubble Tea, Schokoladeneclair, Spekulatius undsoweiterundsofort. Vegane Naschereien gibt es in fast jedem Supermarkt, Drogeriemarkt, Reformhaus, bei Veganista Ice Cream oder Veganz.

 

 

7. Ist es schlimm für dich, wenn ich das Schnitzel vor dir esse?

 

 

Ja,verdammt! Es ist schlimm für mich! Ich habe wieder gelernt zu sehen, dass das servierte Schweinsschnitzel einmal ein Tier war. Noch dazu eines der drei intelligentesten Tierarten der Welt. Schweine sind nämlich genauso intelligent wie Hunde, wenn nicht sogar intelligenter.
Ich bin Veganerin in einer Nicht-Veganen Welt und habe gelernt zwangsläufig damit zu leben, dass (noch) nicht alle so denken wie ich und ich versuche es zu ertragen.

 

 

8. Und was machst du wenn du eine Gelse im Zimmer hast?

 

Ihr werdet lachen, aber das hat mich tatsächlich schon einmal jemand gefragt! Hier meine Antwort: Wenn sie mich stechen will, dann gibt’s Harakiri! Da kenne ich nichts!
Sollte mich in diesem Leben jemals ein Bär fressen wollen, werde ich ihm nicht entgegenrufen „Huhu, ich bin Veganerin und werde dir nichts tun, bitte friss mich!!“ Vermutlich werde ich um mein Leben laufen – bergauf!
Zu 100 % vegan zu leben ist schwierig, wenn man nicht gerade autark im Wald haust. Schon alleine meine Steuerabgaben finanzieren die Fleisch- und Milchindustrie durch Subventionen mit (ja, das 1,99 Steak gibt es so billig weil Papa Staat unter die Arme greift) und wenn man im mit Rinderfett geölten Lift gerade den Eiffelturm hochfährt, ist es auch schon passiert. Absurde Tatsachen, aber ich versuche trotzdem mein bestes es so nah an die 100 % zu schaffen wie möglich.
Da habt ihr es jetzt also schwarz auf weiß, die Veganerin hat schon einmal eine Gelse erschlagen! Prickelnd finde ich es nicht. Darum wohnt in meiner Fensterecke immer eine liebe Spinne (aktuell Frau Thekla die VII.) und so überlasse ich sie dem Lauf der Natur.

 

 

9. Kannst du dann noch auf Urlaub fahren?

 

Lasst mich euch etwas versichern: Und wenn ich tatsächlich nur von Körnern und Steinen leben müsste, ich wäre unterwegs! Meine Urlaube sind cooler denn je geworden. Warum? Weil sich viel mehr ums Essen und um die kulinarischen Hot Spots des Urlaubsortes dreht. In New York tummelt sich ein veganer Tempel nebem dem anderen, Berlin wird die vegane Hauptstadt Europas genannt und Kopenhagen ist Raw Food City. Also bitte, the world is your oyster. Aber ohne sie zu essen bitte!

 

 

10. Aber was sollen wir mit all den Tieren machen, wenn plötzlich alle vegan wären?

 

Na wohl eine riesengroße Party feiern! Die Lokalrunde geht auf mich! Leider bin ich noch nicht in Utopia angekommen und von heute auf morgen wird der Großteil der Menschen wohl nicht auf sein Schnitzel verzichten wollen. Da in unserer Welt aber das Geldbörserl das Sagen hat, würde ein bisschen weniger Fleisch, Milch und Eier schon mal dazu führen, dass weniger Flauschis gezüchtet, eingesperrt, fett gemästet und dann verspeist werden. Besser für sie, besser für uns und besser für die Umwelt. Win-win-win.